FAU-Wissenschaftler erforschen fossile Wirbeltierfunde
480 Millionen Jahre – so alt sind die ersten Raubtiere. Und deren Zähne konnten sich auch noch selbst reparieren! Paläontologen um Bryan Shirley und Madleen Grohganz, Lehrstuhl für Paläoumwelt der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), haben neue Erkenntnisse darüber, wie die Zähne wachsen und sich regenerieren, erlangt. Die Ergebnisse wurden in „Proceedings of the Royal Society B“ veröffentlicht.
In einem Land vor unserer Zeit: Ein schneller Räuber mit scharfen Zähnen geht in urzeitlichen Meeren auf die Jagd. Er erblickt seine Beute und pirscht sich heran. Er verbeißt sich fest, die Beute ist erlegt. Zwar sind einige Zähne angebrochen, doch sie wachsen nach.
Hier wird kein Urzeitmonster aus einem Horrorfilm beschrieben, sondern ein Conodont. Obwohl diese aalartigen Wirbeltiere nur wenige Zentimeter groß waren, gelten sie als erste Raubtiere unseres Planeten. Ihre kleinen Zähne, die in der Fachsprache als Elemente bezeichnet werden und zu den wichtigsten Mikrofossilien zählen, konnten sich nach Beschädigungen selbst erneuern. Wie das genau funktionierte, ist jedoch schwer festzustellen: Obwohl die Zahnfossilien oft in Meeresgesteinen gefunden werden, sind ihre weichen Körperreste selten erhalten. Weil so wenig Weichteilgewebe konserviert wurde, ist es extrem schwierig zu bestimmen, wie sie gewachsen sind.
Mit Mikroskop und Röntgenstrahlen zur Erkenntnis
Die Analysen der FAU-Wissenschaftler bringen Licht ins Dunkel: Die Forscher haben mit Hilfe von Rasterelektronenmikroskopie die verschiedenen Schichten unter die Lupe genommen, um mehr über das Wachstum der Zähne zu erfahren. Bei dem Verfahren wird ein Material mit Elektronen beschossen. Verschiedene Stoffe werfen unterschiedlich viele Elektronen zurück. Schwere Elemente streuen etwa mehr zurück, weswegen diese auf dem Bild heller gezeichnet werden. Durch diese Methode konnten die einzelnen Schichten in höherer Auflösung als zuvor abgebildet und erforscht werden.
Auch die Zusammensetzung wurde im Rahmen der Untersuchungen betrachtet: Durch die Nutzung von Röntgenspektroskopie, bei der Elemente anhand ihrer abgegebenen Strahlung bestimmt werden, konnten die Forscher einzelne Schichten chemisch analysieren.
Drei Wachstumsstadien
Die Zähne wuchsen zyklisch, was die abwechselnde Abnutzung und das darauffolgende Anlegen neuer Schichten zeigen.
Des Weiteren änderte sich die Form der Zähne je nach Wachstumsstufe der Tiere stark. Die Forscher konnten anhand der chemischen Zusammensetzung und der Form drei Wachstumsstadien in der Entwicklung eines Tieres feststellen, die unter anderem durch die Nahrungsaufnahme bestimmt sind: Nach der ersten Stufe, einer Art Larvenstadium, in dem Nahrung nicht mechanisch – also durch Kauen – verdaut wurde, entwickelten sich die Conodonten in der zweiten und dritten Wachstumsstufe zu den ersten Jägern. Die Zähne zeigen also eine Metamorphose: den Übergang zur Raubtierlebensweise.
Bisherige Hypothese bekräftigt
In der Wissenschaft gibt es bisher zwei Modelle, die die nachwachsenden Conodontenzähne erklären sollen. Denn anders als etwa menschliche Zähne wachsen diese nicht von innen, sondern von außen, indem immer neue Schichten aufgelagert werden. Einerseits wird diskutiert, dass sie während Ruheperioden in Hauttaschen zurückgezogen wurden und dort neue Schichten aufgelagert wurden. Man könnte das also mit dem Mechanismus ausfahrbarer Giftzähne mancher Schlangen vergleichen. Andererseits ist eine Hypothese, dass die Zähne dauerhaft von Gewebe und einer Art Hornkappe umschlossen waren und so neue Schichten hinzugefügt werden konnten. Die FAU-Untersuchungen konnten nun die erste Theorie bekräftigen.
Bryan Shirley
Tel.: 09131/85-23325
bryan.o.shirley@fau.de
DOI: 10.1098/rspb.2018.1614
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Biologie, Geschichte / Archäologie, Meer / Klima
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
Deutsch
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